* Belinda Sallin, Regisseurin
Ganze 52 Jahre hat Hansruedi Giger in Zürich gewohnt! Ohne Unterbruch. Mit 22 Jahren kam der junge Giger aus Chur (GR) in die Limmatstadt und ist geblieben. 1970 zog er nach Zürich-Oerlikon, wo er über 40 Jahre im selben Haus wohnte, bis er starb.
Er hätte in Paris leben können, in Tokyo, in London, in New York in Los Angeles. Aber nein, er liebte die Schweiz, er liebte sein Haus in Oerlikon, er liebte seine Familie hier, seine Freunde, seine Katzen. Ich glaube, es wäre ihm nicht im Traum eingefallen wegzuziehen.
Es ist kein Geheimnis, dass sich Giger in Zürich eine grosse Einzelausstellung gewünscht hätte. Mit Ausnahme einer kleinen Ausstellung im Foyer des Kunsthauses im Jahre 1977 sollte es aber nie dazu kommen. Vielleicht war Giger mit seinen Tabubrüchen den zugeknöpften Zwinglianern zu provokant. Vielleicht war er zu berühmt, seit er 1980 den Oscar gewonnen hatte. Vielleicht wurde ihm im Ausland zu viel Ehre zuteil, 2004 zum Beispiel erhielt Hansruedi „La Médaille de la Ville de Paris“, die Ehrenmedaille von Paris. Vielleicht war seine Umsetzung des phantastischen Surrealismus einfach schwierig zu kategorisieren. So entzweit sich das Zürcher Kunstestablishment bis heute an der Frage, ob Giger nun Kunst ist oder nicht.
Als ich Hansruedi zweieinhalb Jahre vor seinem Tod kennenlernte, hatte ich den Eindruck, dass diese Diskussion für ihn persönlich schon keine grosse Rolle mehr spielte. Ich hörte keine Bitterkeit in seiner Stimme, als er mir sagte „die stellen mich hier nicht aus“. Vielleicht rührte diese Gelassenheit aus seiner Gewissheit, dass er auch ohne Zürich auf der ganzen Welt viele Erfolge feiern konnte. Wer braucht schon eine Ausstellung in Zürich, wenn er mit seiner Kunst auf der ganzen Welt bereits unzählige Menschen erreicht hat?
Das alles ging mir durch den Kopf, als ich zusammen mit Produzent Marcel Hoehn überlegte, ob wir den Film beim Zürich Film Festival ZFF einreichen wollten. Die Uraufführung ausgerechnet in Zürich?
Wir haben nicht lange überlegt. Natürlich musste die Uraufführung unbedingt in Zürich stattfinden! Zürich war Hansruedis Stadt. Auch wenn er hier weder Medaillen für seine Verdienste noch Unterstützung für seine Projekte bekommen hatte. Und Ausstellungen schon gar keine. Zürich war die Stadt seiner Wahl. Ich glaube, Hansruedi hätte sich keinen anderen Ort für die Première dieses Films gewünscht.
Und ich freue mich sehr darüber, dass wir am ZFF starten können!
Ehrlicherweise muss ich hier noch hinzufügen, dass Hansruedi in den letzten Jahren nicht mehr gerne auf Reisen war und auch deshalb ganz froh gewesen wäre, wenn er für die Première nicht hätte reisen müssen. Zudem liess er seine Katzen „Nönneli" und "Müggi I - III“ nie gerne alleine. Das war schon so, als er 1978 für einige Monate in den Londoner Shepperton Studios am Film "Alien" arbeitete. Es hat mich sehr gerührt, als mir Hansruedi erzählte, wie er sich da um seine Katzen sorgte. Aber das ist eine andere Geschichte und ein anderer Blogeintrag